Abenteuer im Paradies
Barsche angeln, mit Haien schwimmen oder einen Drink mit Johnny Depp genießen: Wer die Bahamas besucht, kann was erleben: Andrew steht regungslos im seichten, warmen Wasser. Den Blick nach vorne gerichtet zieht er vorsichtig an seiner Angel. „Immer ein bisschen hin und her“, flüstert er, „damit sich der Köder bewegt und die Fische anbeißen“. Dann rollt er die Schnurr wieder ein, holt weit aus und mit einem lauten Surren landet der Blinker erneut zwischen zwei Mangrovenfeldern im Wasser.
Volkssport Angeln und Essen in freier Natur
Das Angeln in flachem Wasser in Strandnähe, ist eine Art Volkssport auf dem Atlantik-Archipel. Überall sieht man die Bewohner mit ihren oft selbstgebastelten Angeln auf Beutezug gehen – meist mit Erfolg, denn der Fischreichtum vor den rund 700 Inseln ist riesig. Auch der 43-Jährige hat nach gut einer halben Stunde einen dicken Fang an Land gezogen: Ein kapitaler Felsen-Zackenbarsch, gut 60 Zentimeter lang. „Das gibt einen leckeren Boil Fish“, freut sich Andrew – und säubert und zerlegt seinen Fang direkt am Strand.
Der Fischeintopf mit Pökelfleisch und Kartoffeln wird gleich vor Ort zubereitetet – auf einem improvisierten Grill mit Johnny Cake, eine Art Schmalzbrot, und Grits, Maisgrützebrei. Cook-up nennen die Bahamer das schlichte Essen in freier Natur – auch das ein beliebtes Freizeit-Vergnügen. Nach dem Essen will Andrew mich zum Schnorcheln mitnehmen. Ebenso ein viel geübter Zeitvertreib, den er mit vielen der rund acht Millionen Touristen, die die Bahamas jährlich besuchen, teilt. Schließlich bietet kaum eine anderes Ziel der Region, die Bahamas zählen geographisch zu Mittelamerika, hierfür so traumhafte Bedingungen: Mehr als 2400 Korallenriffe säumen das flache Wasser, allen voran das Andros Barrier Reef, mit 225 Kilometern das weltweit drittlängste seiner Art.
20 Haie fast hautnah
Sanft schaukelt das kleine Motorboot eine halbe Seemeile vor der Küste im azurblauen Wasser, während ich meine Taucherbrille zurechtrücke. Andrew reckt den Daumen hoch. Dann gleiten wir in das badewannenwarme Wasser. Unter uns, in fünf bis sechs Metern Entfernung, nähern sich graue Schatten einem Stück Schweinefleisch, das wir als Köder ausgelegt haben. Bald sind es an die 20 Riff-Haie, die im großen Bogen um die Beute kreisen – und dabei bis zwei Meter auf mich zukommen. Mir stockt der Atem, doch die beruhigenden Gesten des erfahrenen Haitauchers signalisieren mir: „Alles okay!“.
Nach 15 Minuten ist der Tauchgang vorbei und ich sitze wieder sicher im Boot – sprachlos. Ganz eindeutig war dies der Höhepunkt unserer Schnorchel-Tour. Zuerst führte sie uns zu einer bunten Korallenbank mit Hunderten von gelben, blau-weiß gestreiften oder grünen Fischen, dann zu einem Flugzeugwrack, eine vergessenen Kulisse aus dem Film „Der Weiße Hai“, die ebenfalls zur Heimat für unzählige Meeresbewohner geriet.
Nach so viel Aufregung ist relaxen angesagt: Und auch dafür hat mein Begleiter einen Tipp – und steuert die „Calypso“ zu den Harbour Islands. Die Insel ist bekannt für ihren rosafarbenen Strand, der von mikroskopisch kleinen Einzellern seine Farbe erhält. Es ist früher Abend, als wir ankommen. In den zahllosen Strand-Bars tummeln sich Urlauber und Einheimische. „Manchmal kommen von der Nachbarinsel Eleuthera die Hollywoodstars auf einen Drink herüber“, behauptet Andrew – und schwört, mit Johnny Depp am Strand einmal einen Piña Colada getrunken zu haben. Ich starre fasziniert auf die See, nicht auf der Suche nach Filmpirat Jack Sparrow – sondern weil der Sonnenuntergang das türkisfarbene Meer plötzlich in ein traumhaft schönes rotes Farbbad taucht. Was ein abenteuerlicher Tag.