Ein Segel-Paradies der Extraklasse
Maria zählt von fünf runter. Die linke Hand hat ihre jüngere Schwester fest im Griff, die rechte den Bruder. „Und los“, ruft die 27-Jährige – dann springen die Drei mit einem gewaltigen Satz in die tiefblaue Adria. Branko Lucic schmunzelt: „Jeden Sommer, das gleiche Ritual. Seit fast 20 Jahren“.
Die drei Geschwister sind – zusammen mit ihrem Großvater – an Bord der Otac Ivan. Der Zweimaster hat vor der Insel Dugi Otok – rund 1,5 Stunden vom kroatischen Festland entfernt – geankert. Ein sanfter Maestral lässt die Segel der Jolle müde die Backen blähen. Die Sonne brennt auf die schneeweiß gestrichenen Planken.
Der Bucht von Sakarun ist für den ehemaligen Bauleiter „das zweites Wohnzimmer“, und die Insel „das schönste Baderevier Kroatiens“: 800 Meter schlängelt sich ein schneeweißes Band die Küste entlang – und trennt das kristallklare Wasser vom duftenden Grün der Pinienhaine.
„Am flachen Strandufer haben Maria, Ivo und Elena früher sorglos plantschen können, während wir im Schatten eines Strohdachs dösten“, erinnert sich Branko. „Später sind wir zu Schnorchelgängen an die zerklüftete Küste aufgebrochen“ – und nicht selten mit einem harpunierten Oktopus nach Hause gekommen. Manchmal geriet sogar eine Garnele in den am Boden verankerten Korb. Heute liebt der 65-Jährige an der fischreichen und vom Massentourismus verschonten Insel vor allem die Ruhe: „Selbst zur Hochsaison verirren sich nur wenige Urlauber auf die Insel“. Und wenn es doch einmal zu voll wird, dann lenkt der Rentner sein Schiff einfach in eine andere Bucht. Im Frühjahr und Herbst aber „hat man den Strand fast für sich alleine“, weiß Branko – und packt ein kaltes Bier, Weißbrot, Schinken und Käse aus. Vesperzeit.
Blitzsauber und angenehm temperiert zeigt sich die Adria zwischen Zadar und Trogir. Selbst in den Urlaubszentren Norddalmatiens finden sich kaum Bausünden, dafür jede Menge einsame Buchten und versteckte Strandabschnitte. Dennoch gibt es überall eine gute Infrastruktur mit Marinas, strandnahen Restaurants und Hotels, mit Surf- und Bootsschulen, Aquaparks und bewachten Stränden.
Am schönsten lässt sich die Küste Kroatiens auf einem Segelschiff entdecken. „Wenn es Zeit und Frau erlauben“, schmunzelt Branko, dann verschwinde er schon mal für zwei, drei Tage. Taucht ab in eine der vielen einsamen Buchten oder steuert einen Liegeplatz an, wo kleine Konobas, Landgasthäuser, gegrillten Fisch, Oliven und Wein reichen. Nicht selten begleitet eine Gruppe Delfine den Zweimaster auf den Weg dorthin.
Besonders die Kornaten, eine Gruppe von 150 Inseln und Riffe laden zu einem beschaulichen Törn ein. Seit 1980 steht der größte Teil des Archipels unter Naturschutz. Ein Irrgarten aus Gipfeln versunkener Bergketten, die aus dem Wasser lugen. Aus kargen Felsen auf denen noch ein zerfallenes Hirtenhäuschen an die Zeiten erinnert, als das Eiland als Schafsweide diente. Oder aus pockennarbigen Inselplatten, flach wie eine Flunder, die jeden Moment drohen, vom Meer wieder verschluckt zu werden.
Nur Ende April, Anfang Mai bleibt die Otac Ivan im Hafen vom Novalja auf der Insel Pag fest vertaut. Nicht die Bora, der böige Fallwind, zwingt das Schiff zu einer mehrtägigen Pause. Es ist der Kornati Cup. Die international besetzte Segelregatta lockt jedes Frühjahr einige hundert Yachten in die Kornaten. Klar sei das ein Riesenspaß auch für Freizeitskipper. „Aber“, sagt Branko, „nicht mehr für mich.“