Stollen, Stämme, Staublinge
Nicht nur in Deutschland glühen zur Adventszeit die Backöfen. Auch in vielen beliebten Urlaubsländern duftet es dann verführerisch nach Gewürzen, Früchten und frischem Teig. Doch welche Leckereien kommen bei unseren europäischen Nachbarn in der Weihnachtszeit auf den Tisch?
Weihnachten auf Griechisch
In Griechenland beispielsweise gehören Melomakarona überall zur Adventszeit: Die beliebten Weihnachtsküchlein aus Olivenöl, Mehl und Nüssen türmen sich dann in den Schaufenstern der Konditoreien. Das Geheimnis der kleinen ovalen Köstlichkeiten: Sie werden nach dem Backen in Sirup getunkt und mit zerhackten Walnüssen bestreut – frisch gepresster Orangensaft und Zitronenabrieb im Teig verleiht ihnen dabei die nötige Frische. Von Persien über die Türkei fand ein anderer Klassiker den Weg nach Griechenland: Kourabiedes. Die kleinen puderzuckerbedeckten Halbmonde aus Mürbeteig bekommen durch Rosenwasser und einen ordentlichen Schluck Weinbrand ihren Kick – und dürfen ebenfalls auf keiner griechischen Weihnachtstafel fehlen.
Auch Italien hat sein traditionelles Weihnachtsgebäck: Der Panettone. Der kreisrunde Hefekuchen mit der hohen Bauchbinde stammt ursprünglich aus Mailand und wird mit Rosinen, Zitronat und getrockneten Früchten verfeinert. Noch in den 70er Jahren konnte man am Vorweihnachtsabend an sämtlichen Fabriktoren Italiens dasselbe Schauspiel beobachten: Arbeiter und Angestellte eilten nach Feierabend zu ihren Familien – in der einen Hand eine Schachtel Panettone, in der anderen einen Spumante oder Moscato, die üblichen Weihnachtsgeschenke des Padrone an seine Belegschaft. Der Brauch mag vielerorts Rationalisierungsmaßnahmen zum Opfer gefallen sein. Den Panettone genießen die Italiener aber noch immer – mit einem Gläschen Wein.
Feliz Navidad, Joyeux Noël und Frohe Weihnachten
Dass sich Weihnachten bald einstellt, zeigt sich in Spanien ganz schnell in den Supermärkten. Kleine Küchlein, einzeln verpackt in rot-weiß oder blau-weiß gestreiftem Papier, häufen sich in den Regalen: Polvorones. Der Name des Weihnachtsgebäcks „Stäubling“ ist gut gewählt, denn das krümelige Schmalzgebäck aus Mehl, Zucker, Zimt, Mandeln und Schweinefett zerbröselt in der Hand und staubt im Mund.
Daneben stapeln sich meist rechteckige, länglichen Tafeln aus Mandeln, Honig, Zucker und Ei-Klar: Turrónes. Die spanische Variante des weißen Nougats kann je nach Region noch Schokolade oder ganze Mandeln enthalten, es gibt sie steinhart oder wachsweich.
In Frankreich dominiert die letzten Wochen des Jahres die Bûche de Noël. Der Weihnachts-Scheit erinnert in Form und Name an die Zeit, als sich die Familie am Heiligen Abend am Kamin versammelte, der Vater ein paar Holzscheite in die Flammen warf und man sich am Feuer erwärmte. Die Bûche de Noël besteht aus einem rechteckigen Biskuitboden, der mit Schokoladen-Buttercreme gefüllt und aufgerollt wird. Rillen in der Cremeschicht ahmen die Rinde nach, anspruchsvolle Bäcker verziehen den Stamm noch mit Pilzen aus Marzipan.
Das wahre Wunderland der Weihnachtsbäckerei jedoch ist Deutschland. Und ihr Star – trotz Dutzender Varianten an Plätzchen – der Dresdner Christstollen. Kaum zu glauben: der Hüftgold-Garant war früher ein Fastengebäck – und enthielt nicht mehr als Mehl, Hefe und Wasser. Erst im Jahre 1491 erreichten die Dresdner Bäcker bei Papst Innozenz VIII. die Aufhebung des Butter-Verbots – und schmuggelten nach und nach weitere gehaltvolle Zutaten in den Stollen. Heute besteht das weltweit bekannteste Adventsgebäck neben Mehl und reichlich Butter auch aus Sultaninen, Orangeat, Zitronat und Mandeln und darf – laut EU-Verordnung – nur im Großraum Dresden hergestellt werden: Jahr für Jahr gehen dort Millionen Stollen durch die Öfen Dutzender großer und kleineren Bäckereien – und dann in alle Welt.
Na dann Frohe Weihnachten und Guten Appetit!